Unsere Jugendlichen... meine Gedanken dazu... kleines Fazit aus meiner Arbeit

 

Heute fand bereits der vierte Workshop in diesem Jahr bei Audi mit den Auszubildenden im ersten Ausbildungsjahr zum Thema "psychische Gesundheit" statt... und ich muss sagen, das Feedback am Ende hat mich wieder sehr nachdenklich gemacht und sehr berührt... Wie schon im vergangenen Jahr und auch letzte Woche.... deshalb versuche ich - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - meine Gedanken dazu, in Worte zu fassen. 

 

Ich habe bisher immer das Gleiche erlebt... Junge Menschen, die interessiert und mit Beteiligung bei den von mir angebotenen Themen mitgearbeitet und sich eingebracht haben. Viel Respekt, Aufmerksamkeit und Achtsamkeit. Und bei der Feedbackrunde am Ende ein sehr differenziertes Feedback, was sich jeder Einzelne mitgenommen hat.

 

Für mich natürlich positiv, aber gleichzeitig auch erschreckend ist allerdings das Feedback, dass sich die Jugendlichen ENDLICH MAL (diese Aussage kommt unglaublich oft), verstanden und ernst genommen gefühlt haben. Sie sind froh, mitentscheiden und ausprobieren zu dürfen und fühlen sich wertgeschätzt, wenn sie ihre Erfahrungen und Meinungen einbringen und austauschen dürfen. Viele würden sich genau diese Form zu "lernen" (ohne "Druckbetankung" und Frontalbeschallung) für alle möglichen Bereiche wünschen und hätten dann auch Spaß am Lernen.

 

Das ist ein unglaublich berührendes Feedback von 16 - 18jährigen Jugendlichen.

 

Aber ich stelle mir immer wieder die Frage, warum wir als Gesellschaft unsere Jugend nicht ernst nehmen?

Weil sie nicht mehr so stark rebellieren? Weil sie vermeintlich weniger oder zu wenig leisten?

Manchmal unterstellen wir ihnen, sie hätten keinen Stress? ...wären faul und desinteressiert?

.... und vieles mehr? und zum Teil nicht sozial eingestellt und nur ichbezogen?

Hin und wieder werden sie als "Mainstream-Jugendliche" bezeichnet, die keine eigene Meinung mehr haben... nichts individuelles mehr... nur noch mit dem Strom schwimmen. Überanpassung und große Akzeptanz von Leistungsnormen. Aber wollen wir überhaupt, dass sie rebellieren? Ist das nicht dann noch anstrengender?

 

Und... Was wollen unsere Jugendlichen eigentlich? Wissen wir das überhaupt?... Häufig wohl einfach nur angenommen sein, dazugehören, nicht auffallen. Um in der Gesellschaft bestehen zu können. Teil zu sein und teil zu haben.

 

Und die Medien? ja... unsere Kinder und Jugendlichen sind mit den neuen digitalen Medien von klein auf aufgewachsen... sie sind unglaublich medienkompetent... zum Teil sicher auch abhängig davon und/oder überreizt... aber leben wir es ihnen nicht vor? Können wir selbst so gut unsere Grenzen wahren? oder versuchen wir ebenfalls ständig, "on" zu sein... Multitasking bis zum abwinken? Tag und Nacht erreichbar?

Ich habe den Eindruck, Jugendlichen fällt die Nutzung dieser Medien intuitiv oft unglaublich leicht... es ist ein Teil des Alltags... doch manche - und immer mehr - wünschen sich Entschleunigung. Wird dann mal einfach nur "gechillt", kommen wir Erwachsene und fordern, die Jugendlichen sollen nicht nur faul herumliegen. Arbeiten. Lernen. Etwas leisten. 

 

Inzwischen habe ich mit knapp 700 Jugendlichen in dieser Form gearbeitet und es war kein einziger dabei, der desinteressiert an den angebotenen Themen war oder diese gar verweigert hätte. - und das, obwohl ich von manchen Trainern vorab darauf hingewiesen wurde, wie schwierig die Gruppe sei und wenn ich Hilfe brauche, wo ich den Trainer finden könne. Woran liegt das? Vielleicht doch auch an der Art, wie wir miteinander kommunizieren und ob die Jugendlichen ehrliche Achtung vor dem spüren, was sie tagtäglich leisten? ... Ich denke schon!

 

Ich habe selbst zwei Söhne im vorpubertären Alter und mitten in der Pubertät... und auch hier ist es manchmal schwierig, keine Frage. Wir sprechen manchmal unterschiedliche Sprachen. Haben ein unterschiedliches Tempo und voneinander verschiedene, manchmal deutlich abweichende Bedürfnisse. Aber wenn wir unseren Kindern und Jugendlichen mit Wertschätzung und Respekt begegnen und uns wirklich für Ihre Beweggründe, für ihre Gedanken, Gefühle, Ideen und Vorstellungen von der Welt interessieren, können wir sie immer wieder auch dazu gewinnen, uns zuzuhören und Kompromisse einzugehen. Klar gibt es Ausnahmen und Negativbeispiele. Aber auch diese sagen uns etwas... wir müssen nur zuhören... - und die Frage ist, wodurch wurden sie dazu gemacht?

 

 

Hier noch ein Link zu einem - wie ich finde - recht gut dargestellten Video von Chris Böttcher zum Thema "Pubertät" :) - und dazu, welche Veränderung wir als Eltern bei unseren Kindern erleben und erst einmal begreifen und verarbeiten müssen.

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Kommentare: 2
  • #1

    Potenzialtrainer (Montag, 06 Februar 2017 12:17)

    Ich arbeite in der Schule und Stelle sehr viel Desinteresse fest. Ich mache dafür überwiegend die Unterrichtsgestaltung und das Trennen der Fächer verantwortlich. Weitere Ausführungen bieten Reinhard Kahl oder Prof. Bücher.
    Was mir beim Lesen des neuen Buches von Katharina Saalfrank aufgefallen ist, dass sie auf die Bedürfnissebene im zuhause eingeht. Dort gibt sie viele gute Tipps und Hinweise. Sobald wir aber diesen Hört verlassen werden wir auf unser Verhalten reduziert. Die Bedürfnisse werden nun kaum bis gar nicht berücksichtigt.

  • #2

    Karoline Nikolaus (Montag, 06 Februar 2017 12:28)

    Ja... ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass das Desinteresse mit der Art der Unterrichtsgestaltung (der an Regelschulen häufig leider enge Grenzen gesetzt sind) und der Fächertrennung zusammenhängen.
    Und ja... Bedürfnisse, Gefühle und vor allem Wertschätzung spielen für mich auch eine große Rolle. Sowohl auf Elternebene (als Basis) als auch im erweiterten Lebensumfeld unserer Jugendlichen. Hier sehe ich häufig tatsächlich viele Defizite im Umgang miteinander - insbesondere bei den Erwachsenen...

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