RÜCKBLICK ... vom Festhalten und Loslassen
Momentan befinden wir uns wieder in der Zeit "zwischen den Jahren". Selten sind uns Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft so bewusst, wie in diesen Tagen. Die Rauhnächte, als "magische, kraftvolle Zeit" im europäischen/germanischen Brauchtum, bezeichnen die letzten sechs Tage des alten Jahres und die ersten sechs Tage des neuen Jahres - vom 25. Dezember bis 06. Januar. Sie haben ihren Ursprung vermutlich in der veränderten Zeitrechnung von Mondjahren (mit 354 Tagen) auf Sonnenjahre mit 365 Tagen - was mit Schalttagen und Schaltjahren ausgeglichen wird. Die fehlenden elf Tage (bzw. 12 Nächte) werden auch als "Tage außerhalb der Zeit" bezeichnet.
Es handelt sich um symbolische Tage des Übergangs von etwas Altem zum Neuen, die für die Generationen vor uns "heilige Tage" waren. Früher ruhten sich die Menschen in dieser Zeit aus und feierten. Es herrschte ein striktes Arbeitsverbot und Waffenstillstand und über mystische Rituale und Reinigung wurden böse Geister der Vergangenheit vertrieben und gute Geister der Zukunft ins Leben eingeladen.
Auch heute ist die Zeit um den Jahreswechsel bei den meisten Menschen noch geprägt von Rückblicken, Erinnerungen, Festhalten und/oder Loslassen, von Regeneration und Erholung und gleichzeitig von Reinigung, Aufbruch, guten Vorsätzen, Zielen und Visionen für das bevorstehende Jahr - wenn auch für viele Menschen oft weniger ritualisiert, weniger bewusst und schnelllebiger.
Wir alle sind eingeladen, uns an diesen ruhigen Tagen zu besinnen und Bewusstsein zu schaffen, dafür, was es heißt, zu leben. Immer wieder im Hier und Jetzt zu sein ermöglicht gleichzeitig einen bewussten Rückblick auf unsere Erfahrungen im vergangenen Jahr. Nimm Dir in diesen Tagen immer wieder Zeit, um das vergangene Jahr bewusst zu reflektieren. Vielleicht möchtest Du Dich unterstützend mit folgenden Fragen eingehender beschäftigen:
- Welche Menschen sind mir begegnet und haben mir gut getan?
- Von welchen Menschen, Aufgaben oder Dingen möchte ich mich verabschieden und sie ziehen lassen und wofür könnte das gut sein?
- Was möchte ich mir aus diesem Jahr in meinem Herzen bewahren und was brauche ich dafür?
- Welche Erfahrungen haben mich im vergangenen Jahr geprägt und mich mit zu dem Menschen werden lassen, der ich heute/jetzt bin?
- Welche Erlebnisse möchte ich in Erinnerung behalten?
- Wofür bin ich dankbar?
- Woraus kann ich Mut, Kraft und Hoffnung schöpfen?
Als kleines Ritual kannst Du alles, von dem Du Dich lösen oder be-FREIEN möchtest, auf ein Blatt Papier schreiben. Vielleicht sogar mit einem wertschätzenden Satz dazu, wofür es gut war oder was Du daraus gelernt hast, indem Du eine Erfahrung oder Situation erleben musstest.
Dieses Blatt kannst Du symbolisch in einem Kachelofen, an einer kleinen Feuerstelle oder einem anderen geschützten Ort in der Silvesternacht verbrennen oder auch in der Erde vergraben.
ZEIT für Wünsche, Träume und Visionen
Neben der Rückschau auf das vergangene Jahr, soll in der "Zeit zwischen den Jahren" jedoch auch Raum dafür sein, Visionen, Ziele und Ideen zu entwickeln oder zu konkretisieren. Denn, wie Laotse schon sagte: "nur wer sein Ziel kennt, findet auch den Weg". Und gleichzeitig ist es auch hier wieder wichtig, immer wieder im Hier und Jetzt anzukommen, denn der Weg ist gleichzeitig das Ziel (Konfuzius). Der erste Schritt ist es, sich selbst Visionen vom eigenen Leben zu erlauben und diesen im zweiten Schritt nachzuspüren, wie es sich anfühlt, eine solche Lebensvision zu haben.
- Was möchte ich später meinen Enkeln über mein Leben erzählen können, wie und wofür ich gelebt habe?
- Was sind meine Werte?
- Wenn ich selbst meine Grabrede schreiben würde... was möchte ich, das über mich erzählt würde?
Um die eigene Lebensvision zu erfüllen, muss ich mich immer wieder neu auf den Weg machen und sie im Hier und Jetzt - denn NUR da findet Leben statt - mit Leben zu füllen. Mit Worten und Taten. Mit Emotionen und meiner inneren Haltung aus Werten, Glauben, Wünschen und Motiven. Wir alle haben in jedem neuen Moment die Chance und die Gelegenheit, uns immer wieder neu zu erschaffen. Aus Vergangenem zu lernen und unsere Vision immer mehr zu leben. Hilfreich ist es dabei, das große Ziel in handhabbare, realistische und zeitlich klar definierte Ziele zu unterteilen und sich über erreichte Zwischenziele zu freuen und sich bei sich selbst für die Anstrengungen auf dem Weg dorthin immer wieder zu bedanken und wert zu schätzen. Ein schönes Ritual für konkrete Wünsche und Ziele könnte sein, aus einer Styropor- oder Sperrholzplatte ein kleines Schiffchen oder einen Stern auszuschneiden und darauf ein Teelicht zu kleben und dieses zusammen mit den Wünschen auf einem Bach oder Fluss auf die Reise zu schicken.
Wie wertvoll und wichtig unsere Lebenszeit ist, merken viele Menschen erst, wenn ihnen durch Tod oder Krankheit die Endlichkeit jedes Lebewesens schmerzlich bewusst wird. Ein Übergang von Altem zum Neuen. Manchmal leben wir, als hätten wir alle Zeit der Welt. Und manchmal Arbeiten wir, um später gut leben zu können. Doch Zeit ist beides... ganz klar strukturiert und dennoch abstrakt. Wir können sie uns nehmen und sie doch nie besitzen. Genauso wenig, wie wir wissen können, wie viel wir davon zu unserer persönlichen Verfügung haben.
Unsere Zeit können wir einteilen in die messbare Zeit (Chronos), die über genau definierte Einheiten, die Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Monate, Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte usw. in der Regel unseren Tagesablauf bestimmt. Doch wir sollten auch die qualitative Zeit (Kairos) uns immer wieder bewusst machen. Manchmal "vergeht die Zeit" unglaublich schnell und manchmal "zieht sie sich wie Kaugummi" und wir können uns gegenseitig "Zeit schenken".
Wenn wir achtsam mit unserer Zeit umgehen und uns immer wieder bewusst entscheiden, im Hier und Jetzt zu sein, können wir fühlen, was wir gerade wirklich brauchen und wahrnehmen, was ist. Jetzt! ... und Jetzt! ... immer wieder... einfach im Sein. Im MenschSEIN.
.... mit kleinen Ritualen ACHTSAM durch das Jahr...
Ich selbst habe mich im Jahr 2018 für einen wunderschönen Ausmal - Tageskalender entschieden, für den ich mir fast täglich zwischen 20 und 60 Minuten Zeit genommen habe, um einfach achtsam zu malen, bewusst Farben auszuwählen, die in diesem Moment zu meiner Stimmung passen und auf die Rückseite kurz zu notieren, was ich an diesem Tag erlebt habe oder wie es mir gerade so geht. Ich freue mich sehr darauf, mir am 31.12. Zeit zu nehmen und jedes einzelne Bild anzuschauen und den Text auf der Rückseite noch einmal zu lesen und so mein Jahr noch einmal vor meinem inneren Auge lebendig werden zu lassen. Dieses Ritual, das mich bei jedem malen zu Ruhe und Ausgeglichenheit kommen lässt, werde ich auch 2019 weiterführen. Weitere Möglichkeiten, sich schöne Achtsamkeitsrituale und gleichzeitig einen wunderbaren Jahresrückblick zu ermöglichen, könnten sein:
- ein positives Tagebuch führen (Sonnentagebuch)
- ein großes, leeres Schraubglas in der Wohnung aufstellen und über das Jahr mit kleinen Zetteln zu besonderen Erlebnissen füllen
- eine schöne Schachtel im Jahresverlauf mit Fotos, kleinen Erinnerungsstücken und Zetteln füllen
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